YAN Wai Yin &
In stummen 16mm-Filmaufnahmen dokumentiert YAN Wai Yin in Muted Bridges sechs Brücken im Hongkonger District Causeway Bay, die allesamt frisch gestrichen aus dem sonst eher graubunten Stadtraum leuchten. Der District war das Zentrum der Proteste in den Jahren 2019/20 gegen den wachsenden restriktiven Einfluss Chinas auf das öffentliche Leben der Sonderverwaltungszone; die Brücken wurden damals zu symbolischen und faktischen Bedeutungsträgern – über und über bedeckt mit Graffitis, Plakaten, Codes und Tags der Protestierenden. Im Eiltempo wurden im Anschluss an die Proteste diese Botschaften des Widerstands und der Solidarität von der Regierung übertüncht, um die Feierlichkeiten des National Day nicht zu stören. Während das frühere Werk 日 '''''''；''''''' 記 (TUGGING DIARY) – Teil der VIDEONALE.19, 2023 – der gewaltvollen Atmosphäre der Proteste in eindrücklichen Bildern, Worten und Soundkompositionen Ausdruck verleiht, bleibt Muted Bridges stumm – und ist dennoch nicht weniger präsent. Schon während der Entstehung von 日 '''''''；''''''' 記 (TUGGING DIARY) war klar, dass diese zweite Arbeit entstehen muss, so die Künstlerin, und es war ebenso klar, dass sie stumm sein würde, so stumm und verstummt wie die Stadt und ihre Menschen es durch die Zensur und das damit einhergehende Misstrauen mehr und mehr wurden und heute sind. In ihrer auf Film gebannten, im neuen Glanz erstrahlenden Präsenz sind die Brücken Mahnmale dieser fortschreitenden Welle des erzwungenen Schweigens und zugleich Ausdruck des Widerstands. Muted Bridges ist für YAN Wai Yin auch eine Antwort auf die Frage: Was können wir tun, als Individuen, als Kollektiv, mit unserer Kunst, unserem Aktivismus, um der Schwere dieser Situation etwas entgegenzusetzen, um diese Geschichte zu erzählen, ohne sie bloß dokumentieren, von der Zensur zu erzählen, ohne damit andere in Gefahr zu bringen? (Tasja Langenbach)
Zusätzlich zu Muted Bridges zeigen wir von der Künstlerin auch die Arbeit 日 '''''''；''''''' 記 (TUGGING DIARY), 2021, 16:00 min (gezeigt bei der VIDEONALE.19). Die beiden Werke werden im Rahmen der VIDEONALE.20-Ausstellung erstmals zusammen präsentiert.
