Ken Feingold &

Un Chien Délicieux

»Inhaltswarnung: Das Video zeigt ab Minute 10:00 die Schlachtung eines Hundes.« So oder ähnlich könnte ein Hinweis für die Videoarbeit Un Chien Délicieux (1991) des US-amerikanischen Künstlers Ken Feingold lauten, der seit den 1970er-Jahren mit Film, Video, Fotografie, Zeichnung, Skulptur und später vor allem mit interaktiven, animatronischen Installationen in Erscheinung tritt. Un Chien Délicieux (Ein köstlicher Hund), das 1992 mit dem Videonale Award ausgezeichnet und im Folgejahr im WDR ausgestrahlt wurde, sorgt in der narrativen Verschränkung von Surrealismus und Alltagspraxen indigener Subsistenzgesellschaften für einen provokativ tabuüberschreitenden Schockmoment.

Das rhythmische Tangostück aus dem Vorspann klingt noch nach, wenn die prägnante Voiceover-Stimme des argentinischen Konzeptkünstlers David Lamelas uns eine anekdotenreiche Geschichte vorsetzt. Den Ausgangspunkt liefert die Schwarzweißfotografie einer Tischgesellschaft rund um den surrealistischen Dichter André Breton. Der Erzähler – ein Dorfältester in Großaufnahme vor einer Hütte mit Pfeife und drei auf einer Kletterstange balancierenden Sittichen – erinnert sich an seinen Aufenthalt im Paris der Nachkriegszeit, die vorausgegangene Begegnung mit einer Gruppe französischer Ethnologen auf Forschungsreise im Norden Thailands – »It changes things when you have guests, right?« (Mit Gästen ändern sich die Dinge, oder?) – und reflektiert damit zugleich lakonisch Feingolds Dreharbeiten 40 Jahre später. Das animierte Nachdenken kulminiert in der lebhaften Erinnerung an ein für ihn veranstaltetes Abschiedsessen auf Einladung von Breton, bei dem als bewusste Grenzüberschreitung »Hund« serviert wurde. Jahrzehnte später soll nun »wie in einer Kochshow« für die Kamera der Gäste die Zubereitung vermittelt werden, wobei über Leben und Tod der veränderliche Status Haus- oder Nutztier entscheidet. Zum Abspann wieder Tango und das unbehagliche Gefühl, sich mit vermeintlichen Rezeptionsgewissheiten in einem komplexen narrativen Geflecht verheddert zu haben, bei dem Vorgehensweisen des ethnografischen Films wie des avantgardistischen Kunstfilms gleichermaßen auf die Probe gestellt werden. (Heike Ander)


Camera, sound, editing, text: Ken Feingold
With: Lo Me Akha
Interpreter: Opas Saenya
Voiceover read by: David Lamelas


Abbildungen: Ken Feingold, Un Chien Délicieux © VG Bild-Kunst, Bonn 2025

Über den Künstler

Ken Feingold *1952 in Pittsburg, Pennsylvania, USA, lebt und arbeitet in New York, USA. Studium am California Institute of the Arts, USA
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Über das Werk

Länge 00:18:45

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